Mittwoch, 21. August 2013

Lissabon - Eine Reisebericht aus der Stadt der sieben Hügel

Es ist schon wieder zehn Tage her, dass ich vom sonnigen Portugal im verregneten Wien angekommen bin (warum regnet es eigentlich immer, wenn ich von der Sonne nach Hause komme?) und es fühlt sich schon so weit weg an. Der letzte größere Urlaub im Jahr 2013, das wars jetzt. Aber wie so oft, wird mir genau in solchen Momenten klar, wie wertvoll Fotos sind. Gerade jetzt, wo ich mich durch sie durchwühle. Weil ich (kompliziert, wie ich bin) zurzeit immer mit drei Kameras verreise - Digitalkamera, La Sardina Lomo und iPhone - wühle ich mich wirklich wild herum. Aber ich liebe es, das Gefühl des Reisens, dass damit irgendwie wieder so lebendig und nah wird.

Obwohl wir schon einige Monate im Vorraus unseren Flug buchten, zahlten wir etwas mehr, als ich bis jetzt für Flüge bezahlt habe. Der Grund war, dass Direktflüge nach Lissabon schweineteuer waren und ein Aufenthalt und Umstieg in Madrid dadurch unausweichlich war. Aber weil wir keine sechs Stunden am Flughafen rumsitzen wollten, zahlten wir gerne ein bisschen mehr und stiegen dafür innerhalb einer Stunde um. 
Ich hab die Erfahrung gemacht, dass es nicht so leicht ist ein Hostel zu finden, dass vom Preis-Leistungs-Verhältnis gut passt, zentral und sauber ist. In Lissabon war das anders. Es gibt eine Auszeichnung für Hostels, der sich „Hoscar Award“ nennt und anscheinend ist Portugal und auch Lissabon seit Jahren ständig unter den Siegern. Dementsprechend schwer war es sich für eines der Unmengen tollen Hostels zu entscheiden, aber wir haben uns so gefreut, dass die Wahl die wir getroffen haben, für uns absolut perfekt war.

 Lisbon Story Guesthouse
Largo de São Domingos, 18
Metrostation: Rossio

Für das Lisbon Story Guesthouse haben wir uns entschieden, weil es sehr zentral, preistechnisch absolut in Ordnung war und wir die Idee jedes Zimmer nach einem anderen Thema zu gestalten unheimlich charmant fanden. Nach einer halben Stunde herumirren und dabei herausfinden, dass Portugiesen so gut wie kein Englisch sprechen, haben wir die Hausnummer 18 endlich gefunden und waren begeistert. Unser Zimmer trug den Namen Luz (um die anderen Zimmer sehen und auf die Homepage zu kommen klicke hier), was auf portugiesisch Lich heißt und wie der Name schon sagt, war es ein sehr helles Zimmer, mit Fenster über dem Bett und einer orangefarbenen Tagesdecke. Aber den wahren Grund vom Namen entdeckten wir erst in der ersten Nacht. Auf dem Fenster waren nämlich Sticker angebracht, die auf den unterschiedlichsten Sprachen das Wort Licht darstellten und wenn nachts die Straßenlaternen brannten, projezierten sie diese Wörter an die Wände des Zimmers, was wirklich wirklich magisch aussah. Was mir wirklich gut gefallen hat, war ein kleines Gästebuch, an dem der Zimmerschlüssel befestigt war. Es gibt also für jedes Zimmer ein eigenes Büchlein, in dem die Bewohner quasi die Geschichte ihres Aufenthalts in ihrer Landessprache erzählen.


Das tolle an diesem Hostel war, dass wir uns von Anfang an richtig heimelig und aufgenommen gefühlt haben. Die Mitarbeiter waren wie eine kleine Familie, total freundlich und haben uns mit Tipps und Wegbeschreibungen ausgeholfen. Das Frühstück, das im Zimmerpreis inkludiert war, war eher einfach - Brötchen, Schinken, Käse, frische Früchte - aber super super lecker. Jeden Morgen stapften wir barfuß von unserem Zimmer in die schuhfreie Lounge, die komplett mit rießigen Pölstern ausgelegt war und genossen zum Essen Jazzmusik aus dem alten Vintage-Radio. Absolut genial!
Aber das Beste an dem Lisbon Story Guesthouse war die Tiny Terrace im Dachgeschoß. Und wenn ich tiny sage, meine ich das auch so, mehr als fünf Leute hätten da keinen Platz gehabt. Wir haben sie geliebt und ständig okkupiert. Auf der kleinen gemütliche Terrasse, die man über einen Fenstereinstieg erreicht und die mit orangenen Polstern ausgelegt ist, wurden morgens die Tage geplant und abends mit einem Bier entspannt. Ich will zuhause auch sowas. Unbedingt!

Touristische Dinge haben wir eigentlich kaum gemacht, auch wenn wir natürlich mit der berühmten electrco 28 durch die engen Gassen gebrettert sind. Zum einen gibt es in Lissabon keine richtig wichtigen Sehenswürdigkeiten und die die es gab (Torre de Belem, Castelo de São Jorge, Elevador de Santa Justa) haben einiges an Eintritt gekostet und das war es uns dann nicht wert. Außerdem hat es uns einfach so gut gefallen einfach durch die engen Gassen bergauf und bergab zu schlenden und Dinge zu entdecken, die für uns etwas Besonderes waren. Deshalb gibt es nur persönliche Tipps von mir und keine Berichte über Touristenattraktionen.


The Food Temple
Beco do Jasmim 18

Eigentlich waren wir ja auf der Suche nach einem ganz anderen Lokal, in einem Viertel, dass bei Nacht etwas Gruseliges ausstrahlte. Endlich gefunden, hatte das Restaurant geschlossen und wie das bei mir und großem Hunger so ist, wurde ich unruhig und missmutig. Dann sah ich zwei Katzen, die an einer Weggabelung saßen und irgendwie führte unser Weg wegen der Miezen die Gasse hinunter. Und so entdeckten wir The Food Temple in einem Innenhof umzäunt von Häusern und Unmengen kleiner Gässchen. Hungrig setzten wir uns auf den letzten freien Tisch, in der Hoffnung, dass das Essen in diesem kleinen Schmuckstück sowohl schnell als auch gut ist. Daniela, die entzückende Kellnerin erklärte uns dann aber - in absolut perfektem Englisch (thank god) - dass dies ein veganes Restaurant ist und obwohl mein M. und ich Fleischesser sind, waren wir so hungrig und so neugierig, dass wir sitzen blieben und vegane Tapas aßen. Und, oh my, es war absolut genial. So gut habe ich selten gegessen und die Nachspeise (Peanutbutter-Square with Chocolate Chips) war das Tüpfelchen auf dem i. Wir waren danach noch ein zweites Mal dort essen, es war wieder sehr lecker, aber das erste Mal war wirklich unschlagbar - vielleicht weil Daniela beim zweiten Mal frei hatte ;)
The Food Temple ist absolut zu empfehlen, sowohl für Veganer und Vegetarier, als auch für Fleischfresser, weil es ein absolut neues Erlebnis, das Essen zum Niederknien und die Atmosphäre unschlagbar ist! - Oh, and did I say cheap?!

 
Le Petit Café 
Largo de São Martinho 6 

In das Le Petit Café sind wir auch zufällig hineingestolpert. Von Hunger getrieben und durch den spanischen Gitarrenspieler auf der Terrasse angelockt, beschlossen wir richtig gut zu essen und nicht aufs Geld zu achten. Dazu muss ich sagen, dass es mir sehr wichtig ist auf Reisen gut zu essen und zu leben, was nicht heißt, dass ich in Geld schwimme, ganz im Gegenteil, aber wann sollte man sich sonst etwas gönnen, wenn nicht im Urlaub. Und im Le Petit Café war es auch nicht übertrieben teuer, zu zweit zahlten wir für Oliven, Brot, zwei Hauptspeisen, Bier und Cocktails nicht einmal fünfzig Euro und ich kann nur sagen, das Essen war sein Geld wert. Unheimlich schön angerichtet (das Auge ist schließlich mit ;)) und wirklich wirklich gut. Abgesehen vom Essen war die Lage und die Atmosphäre absolut genial. Der Musiker, der in der perfekten Lautstärke spanische Songs von sich gab, die eléctrico 28, die vorbeirauschte, der Sonnenuntergang. Einfach genial!


Feira da Ladra
und Jardim Botto Machado

Flohmärkte sind ja generell etwas ganz Tolles für mich. Gerade deshalb liebe ich zum Beispiel London, Flohmärkte wohin man schaut, ein Paradies. Der Feira da Ladra in Lissabon hatte aber auch seinen ganz eigenen besonderen Charme. Der Name bedeutet übersetzt Markt der Diebin und heißt so, weil hier ganz früher Diebesgut verkauft wurde, das heißt Touristen konnten sich quasi ihre gestohlenen Sachen zurückkaufen. Heute ist das natürlich nicht mehr so, aber es gibt trotzdem einige Schätze zu erstehen, sowohl alten Ramsch, als auch selbstgemachte Dinge, Platten, Fotos, Schmuck. Der Markt findet immer dienstags und samstags statt und wir waren an beiden Tagen dort. Obwohl ich M.'s Feilschertalent zunichte gemacht habe, bin ich unheimlich stolz auf eine echte recycelte Ledertasche, aus verschiedenfarbigen Stoffen. Gerade als er den Händler wegen einer anderen Tasche, die ich wollte runtergehandelt hatte, entdeckte ich diese und rief nur "Die will ich, die will ich". Ein bisschen runtergegangen ist er dann doch mit dem Preis, aber das war mir in dem Moment gar nicht mehr wichtig. Große Liebe, sofort. Dass der Feira da Ladre mir so gut gefallen hat, lag vielleicht auch an dem kleinen, aber feinen angrenzenden Park Jardim Botto Machado, den wir nach beiden Markttagen besuchten. Ein Park, der romantischer nicht sein konnte. Ein kleines Café in der Mitte, dass alten Jazz spielte, Musiker, die gemeinsam sangen, Kinder, die lachend herumliefen und mittendrin wir, in der Wiese liegend, glücklich und zufrieden. 


 Louie Louie Recordstore
Rua Nova da Trindade 8

Oh, der Louie Louie Recordstore, mein Herz beginnt wehmütig zu schlagen, wenn ich an diesen tollen Ort denke. Weil mein M. ein absoluter Schallplatten-Liebhaber ist und ich vor gar nicht langer Zeit die Liebe zu CD'S wiedergefunden habe, freuten wir uns wie irre, als wir zufällig diesen Laden entdeckten. Mit den Worten "Schauen wir mal kurz rein" begann es und endete drei Stunden später mit Sackerl voller CD's und Platten und einem leichteren Geldbörsel. Auch hier waren wir in einer Woche zweimal, weil der Laden uns irgendwie magisch anzog mit seinen Schallplatten an der Decke, den roten Stoffsessel, in denen man sitzen konnte, während man die ausgewählte Musik durchhörte und den Schätzen die sich unter hunderten von Schallplatten und CD's versteckten. Ich habe dort wirklich einige Schmuckstücke entdeckt, unter anderem eine alte CD von Billie Holiday und eine neue von Regina Spektor und mein M. hat eine Platte gefunden, nach der er schon seit Ewigkeiten gesucht hat. Ein voller Erfolg, also.
Ich rate also jedem, der sein Herz für Musik öffnen kann, diesen Recordstore zu besuchen. Er hat seinen eigenen Charme und erfüllt lang erhoffte Wünsche.


Ponte Vasco de Gama
nächste Metrostation: Oriente

Die Vasco da Gama ist mit 17.2km die längste Brücke Europas und allein deshalb schon einen Besuch wert. Es ist wirklich irre, wie klein man sich plötzlich fühlt, nur weil man das Ende dieser mächtigen Brücke nicht sieht. Direkt dort, wo sie beginnt ist ein riesiger Park mit einem ziemlich großen Skate-Park, der für meinen M. der Hauptgrund war dort hinzufahren. Als leidenschaftlicher Fotograf träumte er schon Tage vorher von Bildern von Skatern, der Brücke und seiner geliebten Magic Hour und ich muss ehrlich zugeben, dass die Fotos, die er dann gemacht hat, alle Vorstellungen mit einem Kabumm in den Boden rammten. Traumbilder, die ich euch hier leider vorenthalten muss. Aber auch wenn man nicht skatet oder fotografiert ist der Platz dort ein Traum. Wir picknickten direkt am Atlantik in der Wiese unter dieser Wahnsinnsbrücke und während mein M. loszog, lag ich in der Sonne, lauschte dem Schreien der Möwen und dem Plätschern des Meers. Das war bestimmt einer der besten Tage, die wir in Lissabon verbracht haben.


Jardim do Parque Eduardo VII  
und
Jardim do Prìncipe Real

Lissabon ist ja generell schon eine musikreiche Stadt. Egal wo man hingeht, musikalische Klänge erwarten einen. Wir hatten dann auch noch das Glück genau zu der Zeit dort zu sein in der das OutJazz Festival veranstaltet wurde. Bei diesem Festival spielen von Mai bis September jeden Freitag und Sonntag an unterschiedlichen Orten verschiedene Jazzkünstler. An besagten Sonntag fanden wir uns im Jardim do Parque Eduardo VII ein und hatten einen unvergesslichen Nachmittag mit genialer Musik, Sonne und Bier. Der Park ansich ist riesengroß und bestimmt auch ohne Jazzfestival einen Besuch wert.
An unserem letzten Tag spazierten wir (wieder einmal) die steilsten Gassen hinauf und landeten im Jardim do Prìncipe Real, in dem ein über hundert Jahre alter Baum steht. Wieder einmal ein toller Park, in dem man zwischen Palmen und Kiefern in der Wiese liegen kann. Unser perfekter Abschluss!

Um alles auf einen Punkt zu bringen: Lissabon ist sehr sehr schön, es hat etwas verträumtes durch die engen Gassen zu spazieren, in den malerischen Parks zu liegen und die unterschiedlichen Plätze zu entdecken. Was mir nicht so gut gefallen hat, war dass ich mich oft nicht sehr sicher gefühlt habe. Wir wurden bestimmt zehnmal am Tag angesprochen, weil uns jemand Drogen verkaufen wollte und ab diesen Momenten hatte ich meine Tasche immer fest im Griff und so will ich nicht durch eine Stadt laufen, das sollte entspannt und sicher sein. Aber alles in allem war Lissabon die Reise absolut wert, es war ganz anders als alle Städte, die ich schon bereist habe, aber eigentlich ist es ja nirgendwo gleich. Also muss ich, wie bei jeder Stadt, sagen: Fahrt selbst hin, macht euch euer eigenes Bild und entdeckt eure eigenen Lieblingsplätze und Schmuckstücke!

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