Donnerstag, 23. Mai 2013

booklove | Der Junge, der Träume schenkte - Luca di Fulvio

Nachdem mir die letzten Monate das Lesen etwas schwerer gefallen ist (siehe book and bedroomtherapy), war es für mich umso schöner mal wieder so richtig in ein Buch hineinzukippen, extra lange Wege in die Uni und zurück zu fahren, nur um nicht aus der Geschichte herausgerissen zu werden. Und dann dieses altbekannte Gefühl, dass man hat, kurz bevor man ein Buch, eine Geschichte beendet. Spannung, Freude, Erwartung gepaart mit Melancholie und Traurigkeit. All diese Gefühle hatte ich vor zwei Tagen, als ich Der Junge, der Träume schenkte zu Ende gelesen habe.



Das sagt der Klappentext: New York, 1909. Aus einem transatlantischen Frachter steigt eine junge Frau mit ihrem Sohn Natale. Sie haben ihre süditalienische Heimat verlassen, um in Amerika ihren Traum von einem besseren Leben zu verwirklichen. Doch ihre Hoffnung weicht schon bald tiefster Ernüchterung, denn in der von Armut, Elend und Kriminalität beherrschten Lower East Side gelten die brutalen Gesetze der Gangs. Nur wer über ausreichend Mut und Kraft verfügt, kann sich hier behaupten. So wie der junge Natale, dem überdies ein besonderes Charisma zu eigen ist, mit dem er die Menschen zu verzaubern vermag ...


Im Grunde erzählt die Geschichte vom Leben dreier Menschen. Natale (der in einer lustigen und liebenswerten Szene in Christmas umgetauft wird), der für seine Träume, die der anderen und auch für Ruth kämpft, die er gefunden hat nachdem sie als dreizehnjähriges Mädchen von Gärtner Bill vergewaltigt und verstümmelt wurde.

Christmas, Ruth, Bill. Um diese drei Charaktere dreht es sich in dem 781 Seiten langen Buch. Ihre Entwicklung, ihr Leben, ihr Platz in der Welt, ihre Liebe, ihr Kampf, ihr Untergang.
Aber was wäre ein richtig gutes Buch, wenn es da nicht auch die Nebencharaktere gäbe, die man in jedem neuen Kapitel kennenlernt und sich Absatz für Absatz die Geschichte zusammensetzt, wie ein Puzzle.
In Zeitsprüngen von 1906 - 1929 gestehen sich Cetta, Christmas Mutter, und Sal, ein Gangster, ihre Gefühle füreinander ein und können so gar nicht damit umgehen, Joey, der Taschentieb kämpft um seine Hoffnung auf ein besseres Leben, Cyril und Karl verwirklichen Träume und bekommen selbst welche geschenkt und Clarence Bailey reicht Ruth die Hand, als sie eine braucht. Und da sind noch so viele andere, die mir ein Lächeln ins Gesicht gezaubert haben und mich zum Weinen gebracht haben.



Während ich das Buch gelesen habe, war ich dort, im Amerika der 20er Jahre. Mit all der Hoffnung, der Liebe, dem Hass. Ich war wie gefesselt von dieser Geschichte, die mich einfach nicht losgelassen hat. Mit all den Menschen und Orten, die ich zu kenne glaubte.

Vor allem Ruth, die, neben Sal, mein absoluter Lieblingscharakter ist, hat es mehr als einmal geschafft, mir Tränen in die Augen zu zaubern. Ob aus Trauer, Glück, Liebe. So schwach und doch so stark geht sie durch die Welt, kämpft um ein normales Leben, eine normale Liebe und eine bessere Welt für sich selbst. Und dann der Moment, in dem sie löslässt, fällt. Unglaublich!

Luca di Fulvio's viertes Werk hat es geschafft, mir Träume zu schenken, die ich vorher noch nie hatte, mich in eine Trance zu versetzen und mir zu wünschen nicht mehr aufzuwachen. Es gibt wirklich absolut nichts, was ich an diesem Buch auszusetzen habe und am liebsten würde ich es wieder und wieder das erste Mal lesen. "Guten Abend, New York!"




In diesem Sinne schließe ich jetzt meinen Koffer, mein MacBook, meine Wohnungstür und entfliehe erneut. Doch diesmal in die reale griechische Welt ;). Mit Büchern in der Tasche und einem Flugticket in der Hand. Adieu!


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